Düsseldorf Panorama

Hetzkampagne gegen Islamismus-Expertin

Düsseldorf. Nach ihren Enthüllungen über den sogenannten „Kita-Imam“ ist die Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann-Marschall einer Hetzkampagne im Internet ausgesetzt. Dabei muss sie unzählige Beleidigungen, den Vorwurf der „AfD-Nähe“ und andere Unwahrheiten ertragen. Das SPD-Mitglied Herrmann-Marschall hatte Mitte März öffentlich gemacht, dass der Kita-Imam Asmer U. radikal-fundamentalistische sowie antisemitische Inhalte auf Facebook geteilt hat.

Sigrid Herrmann-Marschall

Am 14. März hatte die Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann-Marschall öffentlich gemacht, dass der als „Kita-Imam“ bekannte Asmer U. auf seiner Facebook-Seite radikal-fundamentalistische und antisemitische Inhalte geteilt hat. Zu diesem Zweck veröffentlichte sie einen Beitrag auf ihrem Blog „Vorwärts und nicht vergessen – Islamismus und Gesellschaft“. Außerdem verschickte sie eine Pressemitteilung an eine Reihe von Medien im Rheinland, insbesondere im Raum Düsseldorf.

Der bosnische Imam Asmer U. soll in einer evangelischen Tagesstätte in Düsseldorf-Reisholz Kinder über den Islam aufklären. Das evangelisch-muslimische Gemeinschaftsprojekt wurde von der Diakonie Düsseldorf als Trägerin der Kita Steubenstraße im Stadtteil Reisholz gemeinsam mit dem Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM) ins Leben gerufen.

Radikale und antisemitische Facebook-Beiträge sofort gelöscht

Weder die Diakonie noch der KDDM reagierten bislang auf die Enthüllungen von Sigrid Herrmann-Marschall, die durch zahlreiche Screenshots belegt sind. Asmer U. aber löschte noch am selben Tag alle entsprechenden Beiträge von seinem Facebook-Profil. Kurz darauf veröffentlichte er einen Beitrag, in dem er Herrmann-Marschall vorwarf, einen „denunzierenden“ und „hetzerischen“ Blog-Beitrag über ihn veröffentlicht zu haben. Die extremistischen Beiträge auf seiner Facebook-Seite erklärte er damit, dass er sich „auch inhaltlich und theologisch mit den Inhalten auseinanderzusetzen“ habe.

Dann griff er die Islamismus-Expertin frontal an und sparte dabei auch nicht mit Unterstellungen: „Sie ist offensichtlich in der Nähe von rechtspopulistischen Kräften wie der AfD zu verorten und kann dies kaum noch verheimlichen“, schrieb er unter anderem. Auch bezeichnete er Herrmann-Marschall als „bekannte AfD-Gutachterin“. Unter den wenigen Personen, die den Facebook-Eintrag von Asmer U. mit „Gefällt mir“ markiert haben, befand sich auch Dirk Sauerborn. Der stadtbekannte Polizist vertritt in Düsseldorf auch das Salafismus-Präventionsprogramm „Wegweiser“. Ein entsprechender Screenshot liegt unserer Redaktion vor.

„Kita-Imam“ verlinkt Hetz-Blog

Auffällig an den Facebook-Beitrag von Asmer U. war, dass er darunter neben einem Artikel des Spiegel noch zwei Beiträge des Blogs „Wehrt dem Hass“ verlinkt hatte. Dieser Blog wurde 2016 in Betrieb genommen und dient hauptsächlich der Verunglimpfung von Herrmann-Marschall. So wird dem langjährigen SPD-Mitglied Herrmann-Marschall darin stereotyp Nähe zur AfD vorgeworfen.

Als Beleg dafür wurde etwa auf die „Vernetzung mit Lutz Urbanczyk, einem der führenden AfD-Wahlkämpfer in Berlin“, hingewiesen. Damit dürfte gemeint sein, dass Urbanczyk eine Zeit lang einer von rund 2.500 Facebook-Freunden von Herrmann-Marschall war, bis sie darauf aufmerksam gemacht wurde. Formulierungen wie „die hochgewachsene Frau mit langen, roten Haaren ist gelernte Biologin“ und die mehrfach spöttisch benutzte Bezeichnung „Siggi“ deuten jedoch darauf hin, dass der Betreiber dieses Blogs auch nicht davor zurückschreckt, Herrmann-Marschall als Frau zu verunglimpfen.

Distanzierung vom AfD-Gutachten zur Ahmadiyya-Gemeinde

Am vergangenen Freitag wehrte sich Sigrid Herrmann-Marschall in einem Artikel mit der Überschrift „Diffamierungen wegen Enthüllungen über Kita-Imam?“ dagegen, als „AfD-Gutachterin“ bezeichnet zu werden. „Eine Zuschreibung, die nachweislich falsch ist. Aber wie kommt Asmer U. überhaupt dazu, eine solche Behauptung aufzustellen? Was hat er irgendwo aufgeschnappt, um frei Erfundenes dazuzudichten? Am 17. Januar gab es im Landtag eine Anhörung zur Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde und deren Antrag auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Gutachten der drei Sachverständigen lagen dem entsprechenden Ausschuss bereits vor. Aber am Nachmittag vor der Anhörung musste eine Sachverständige ins Krankenhaus, woraufhin die Verfasserin gefragt wurde, ob sie dafür einspringen könnte, damit die Anhörung trotzdem wie geplant stattfinden könne“, erklärte die Islamismus-Expertin in ihrem auf dem Blog „Ruhrbarone“ veröffentlichten Beitrag.

Ebenso wie beim „Kita-Imam“ war NRW.direkt auch im Fall der erwähnten Landtags-Anhörung das einzige Medium, das darüber berichtet hatte. Im Vorfeld der Anhörung war Herrmann-Marschall bei den vom Landtag dafür geladenen Sachverständigen nicht mit aufgeführt. Gegenüber NRW.direkt erklärte die Islamismus-Expertin ihre überraschende Anwesenheit am Tag der Anhörung damit, dass sie nicht bereit gewesen sei, für die AfD-Fraktion als Gutachterin tätig zu werden. Kurzfristig für eine erkrankte Sachverständige einzuspringen sei für sie jedoch „völlig in Ordnung“, erläuterte sie damals weiter, da sie damit ja auch allen Fraktion für deren Fragen zur Verfügung stehe. Dabei wies sie auch darauf hin, sich am Vorabend schnell noch in alle drei Gutachten eingelesen zu haben.

Erklärung zur Anhörung löst neuen Hetz-Beitrag aus

Die Erklärung von Sigrid Herrmann-Marschall, dass sie keine „AfD-Gutachterin“ war, sondern lediglich kurzfristig für eine erkrankte Sachverständige eingesprungen war, muss bestimmte Kreise aber nur noch wütender gemacht haben. Denn am Sonntag, also zwei Tage nach ihrem Beitrag bei den Ruhrbaronen, erschien auf dem Blog „Wehrt dem Hass“ ein Beitrag mit der Überschrift „Biologin begutachtet Muslime für die AfD“. Illustriert wurde der Blog-Beitrag jedoch nicht mit einem Bild von Herrmann-Marschall, sondern mit einem Foto des AfD-Politikers Alexander Gauland.

In dem Blog-Beitrag heißt es wörtlich: „Nachdem diese (die ursprünglich von der AfD benannte Sachverständige, Anm. d. Red.) verhindert war, ist die Biologin und selbsternannte Islam-Expertin Sigrid Herrmann-Marschall nachgerückt. Nach Aussage der AfD-Landtagsabgeordneten Gabriele Walger-Demolsky kennt Herrmann-Marschall die Einschätzung der eigentlichen Sachverständigen und stimmt dieser zu. Entsprechend fiel die Einordnung seitens Herrmann-Marschall im Sinne des Ablehnungsantrages der AfD-Fraktion im Landtag aus, wie der AfD-freundliche Blog NRW.direkt berichtete.“

Eine gleich mehrfach falsche Darstellung, denn Herrmann-Marschall hatte sofort zu Beginn ihrer Einführungsrede in der Anhörung deutlich gemacht, dass sie „einen anderen Ansatz“ als die tatsächlich von der AfD benannte Gutachterin verfolge. Auch hat sich Herrmann-Marschall in ihrer Arbeit nie mit dem Islam befasst, sondern stets nur mit Islamismus und Salafismus.

Berichterstattung zur Anhörung falsch wiedergegeben

Hinzu kommt, dass auch NRW.direkt falsch zitiert wurde, denn die Islamismus-Expertin kam in der Anhörung zwar zu dem Ergebnis, dass eine Anerkennung der Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde (AMJ) als Körperschaft „dem Sinn unseres Gemeinwesens zuwiderläuft“. Dies begründete sie jedoch unter anderem mit dem Geschlechterbild der Ahmadiyya-Gemeinde, nach dem die von den Ahmadiyyas benutzte Begrifflichkeit „Gleichwertigkeit“ mitnichten gleiche Rechte für Frauen im Diesseits bedeute. Die Gleichwertigkeit werde erst vor Gott erzielt. Im Diesseits aber müssten Frauen mindere Rechte hinnehmen sowie sich den islamischen und göttlichen Regeln unterwerfen, um im Jenseits gleichwertig zu sein, so Herrmann-Marschall in der Anhörung.

Weiter begründete Sigrid Herrmann-Marschall ihre Einschätzung zur AMJ in der Anhörung damit, dass das Fernziel der Gemeinde in der globalen Ausbreitung des Islams in Form eines weltweiten Kalifats in der Auslegung der Ahmadiyya bestehe. Eine Trennung von Staat und Religion sei „vom Religionsgründer schon vorab nicht gedacht“ gewesen. „Das Hinwirken darauf können wir in unserem Land tatsächlich schon beobachten“, warnte sie.

Diese Aussagen konnten nicht nur bei NRW.direkt, sondern auch im Wortprotokoll der Anhörung nachgelesen werden – wurden aber in dem Blog-Beitrag vom Sonntag verschwiegen. Der abschließende Satz „Bleibt abzuwarten, wie die leidtragende SPD auf die neue AfD-Verortung ihres Mitglieds Herrmann-Marschall reagiert“, legt die Vermutung nahe, dass auch dieser Blog-Beitrag nicht zum Zwecke der Information verfasst wurde – sondern lediglich dazu, die Islamismus-Expertin erneut zu diffamieren.

Linke und islamistische Kreise hetzen ungeniert

Von linken und insbesondere islamistischen Kreisen wurde der Blog-Beitrag am Sonntag sowie am Montag jedoch sofort begierig aufgegriffen und unzählige Male auf Facebook geteilt. Dabei hagelte es in den dazu verfassten Kommentaren persönliche Beleidigungen und Beschimpfungen von Herrmann-Marschall. So bezeichnete Ferid Heider, ein bundesweit auftretender Imam einer unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehenden Einrichtung, die Islamismus-Expertin als „islamophobe und verkappte rechtsgesinnte Hetzerin“.

„Dass sie jetzt von der AfD-Stiftung als Bloggerin und Gutachterin geladen ist, kann nur als konsequent bezeichnet werden“, dichtete William W. dreist hinzu. „Diese Frau ist die größte Dreckschleuder, die mir jemals unter die Augen getreten ist“, schrieb Suleiman A. „Sigrid Herrmann-Marschall tritt bei den AfD-Nazis auf“, behauptete Bernd S. auf der Facebook-Seite „Islam gehört zu Deutschland“.

Insbesondere von Herrmann-Marschall enttarnte Personen hetzen

Auffällig dabei war, dass viele dieser verunglimpfenden Kommentare von Personen verfasst wurden, die von Sigrid Herrmann-Marschall in der Vergangenheit wegen belegter islamistischer Umtriebe oder Kontakten zu Islamisten auf ihrem Blog benannt wurden sowie Personen, die sich bei früheren Angriffen auf sie als AMJ-Mitglieder zu erkennen gegeben haben. Auch der Düsseldorfer „Kita-Imam“ Asmer U. teilte den Hetz-Beitrag sofort auf seiner Facebook-Seite.

Dieses Mal gab es dafür jedoch kein „Gefällt mir“ von – dem möglicherweise durch Herrmann-Marschalls bei den Ruhrbaronen veröffentlichten Artikel vorgewarnten – Dirk Sauerborn. Auf Nachfrage unserer Redaktion bei der Düsseldorfer Polizei, wie diese dazu stehe, dass ein Mitarbeiter des Präsidiums eine Diffamierung von Herrmann-Marschall, die nachweislich falsche Darstellungen enthalten hat, in der Woche zuvor mit „Gefällt mir“ markiert hatte, sagte ein Sprecher am Montag, Sauerborn habe dies als Privatperson gemacht. „Also werden wir das natürlich in keinster Weise kommentieren“, sagte der Polizeisprecher. Dirk Sauerborn ist Kontaktbeamter der Polizei für interkulturelle Angelegenheiten. Das beinhaltet insbesondere den Kontakt der Polizei zu den muslimischen Gemeinden der Stadt.

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