Kolumnen Politik

Ist das Flaschenpfand noch zeitgemäß?

Vor 15 Jahren wurde das Flaschenpfand auf Einwegverpackungen eingeführt. Damit sollten die Deutschen gezwungen werden, vermehrt Mehrwegflaschen zu benutzen. Trotzdem sank die Mehrwegquote seitdem stetig. Unser Nachbarland Schweiz macht es vor, wie man auch bei Einwegflaschen noch ökologisch handeln kann. Hat sich das deutsche Einwegpfand überlebt? Eine Kolumne von Christian Loose.

Christian Loose

2002 lag die Mehrwegquote bei Getränkeverpackungen bei 60 Prozent. Gesetzlich vorgeschrieben waren jedoch 72 Prozent. Diese Quote ging noch auf die von FDP und CDU beschlossene Verpackungsverordnung aus dem Jahr 1991 zurück. Die Bundesregierung wollte langfristig sogar ein Ziel von 80 Prozent erreichen. Da die Menschen anscheinend gezwungen werden mussten, vermehrt Mehrwegflaschen zu nutzen, erfand die rot-grüne Bundesregierung 2003 das sogenannte Einwegpfand. Die Menschen hat dies jedoch nicht sonderlich beeindruckt. Und so sank die Quote stetig, zuletzt im Jahr 2014 auf 45 Prozent.

Jedes Gesetz und jede Verordnung muss nach ein paar Jahren auf seine Wirksamkeit überprüft werden. Beim Einwegpfand erscheint diese Überprüfung sinnvoll, da das Material der Flaschen in den vergangenen Jahren immer dünner geworden ist. Doch hält sich die Politik bei dem Zurücknehmen von unsinnigen Steuern, Abgaben und Verordnungen gerne vornehm zurück. Was einmal da ist, ist schwer wieder abzuschaffen.

Energy-Drinks mit Molkereiprodukt

Beim Flaschenpfand muss außerdem berücksichtigt werden, dass die Regelungen zum Teil absurd sind. So sind Einwegflaschen für Fruchtsäfte von der Pfandpflicht befreit. Obwohl die ökologische Wirkung die gleiche ist wie bei Einwegflaschen, in denen Mineralwasser enthalten ist. Auch Flaschen mit Milchbestandteilen von mindestens 50 Prozent sind pfandfrei. Das führt zu Absurditäten: So verteilen einige Veranstalter gerne kostenlose Energy-Drinks. Damit der Veranstalter aber vom Dosenpfand befreit ist, werden die Energy-Drinks als 50-prozentiges Molkereiprodukt angeboten. Ebenfalls vom Pfand befreit sind Einweg-Glasflaschen, in denen Wein verkauft wird. Dabei haben Einweg-Glasflaschen die höchsten ökologischen Kosten. Damit enthält diese Verordnung in ihrer aktuellen Form deutliche handwerkliche Fehler.

Seit 15 Jahren plagen sich jeden Tag Millionen Menschen vor den Pfandautomaten, um ihre Flaschen einzeln in den Container zu werfen und abzuwarten, ob der Automat die Flaschen akzeptiert oder ablehnt. Wenn man die entgangene Lebenszeit durch das langsame Einwerfen in die Automaten für alle Einwohner Deutschlands hochrechnet, kommt man auf mehr als 40 Millionen Stunden pro Jahr oder über 700.000 Lebensjahre. Wirtschaftlich mit einem Stundenlohn von zehn Euro bewertet, ergibt dies einen volkswirtschaftlichen Schaden von 400 Millionen Euro – jedes Jahr.

Damit stellt sich aber die Frage, ob diesen volkswirtschaftlichen Schäden auch entsprechende Vorteile gegenübergestellt werden können. Dazu muss man sich die ökologischen Kosten der verschiedenen Systeme einmal anschauen. Solche Studien finden sich allerdings in Deutschland kaum. Aber die Schweizer haben dazu eine interessante Studie vom dortigen Umweltbundesamt erstellen lassen.

Einweg-PET-Flaschen ohne Pfand mit Rücknahmeverpflichtung

Die Schweizer haben vor ein paar Jahren eine Rücknahmeverpflichtung für Getränkeflaschen und -dosen eingeführt. Die Geschäfte stellen seitdem in ihren Räumen offene Container zur Verfügung und die Schweizer werfen ihre leeren PET-Flaschen einfach dort hinein – mit einer erstaunlichen Quote von über 80 Prozent. Aus diesem Grund kommt die Schweizer Studie zu dem – vielleicht – überraschenden Ergebnis, dass die Einweg-PET-Flasche vor allem für kohlesäurehaltige Getränke die geringsten Umweltkosten hat und damit der Mehrwegflasche vorzuziehen ist. Und auch die Alu-Getränkedose hat eine gute Ökobilanz, da die Transportkosten bei dem leichten Material sehr gering sind und die Recyclingquote in der Schweiz mit 90 Prozent sehr hoch ist.

Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass es keine nennenswerten ökologischen Erträge aus dem deutschen Einwegpfandsystem gibt. Es bleiben allerdings die volkswirtschaftlichen Kosten von über 400 Millionen Euro pro Jahr – wobei dabei noch nicht einmal die Kosten für die Beschäftigten in den Geschäften enthalten sind, welche die Automaten reparieren, reinigen und entleeren.

Werfen die Deutschen ihre Flaschen in die Wälder?

Ein Argument für das Flaschenpfand lautet immer wieder, dass die Menschen ihren Müll ohne ein solches Pfand einfach in die Wälder werfen würden. Aber das ist ein „Totschlagargument“ gegen jegliche wirtschaftliche Freiheit der Menschen. Natürlich wird es auch immer Menschen geben, die ihre Flaschen nicht in die Geschäfte bringen und es auch nicht schaffen, ihre leeren Dosen in den Mülleimer zu werfen. Allerdings würde der Anteil solcher Menschen bei den Deutschen sehr gering sein. Das erkennt man auch an den Schweizern, die es schaffen, mehr als 80 Prozent der Flaschen und Dosen freiwillig in die Geschäfte zurückzubringen. Die Schweizer entstammen einem ähnlichen Kulturkreis und damit dürfte dieses Verhalten sicherlich auch auf viele Deutsche übertragbar sein.

Außerdem gilt es zu beachten, dass wir inzwischen viele Arbeitslose im Land haben, die nur in der Lage sind, Hilfsarbeiten auszuführen. Diesen Menschen kann man sicherlich zumuten, sich im öffentlichen Auftrag auch ein paar Stunden im Monat der Reinigung von öffentlichen Plätzen und Wäldern zu widmen. Eine ergebnisoffene Diskussion über die Abschaffung des deutschen Sonderwegs für das Einwegflaschenpfand erscheint deshalb dringend geboten.

Die Kolumnen von NRW.direkt geben die Meinung des jeweiligen Autors wieder. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um die Meinung unserer Redaktion handeln.

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Über den Autor

Christian Loose

Der im Münsterland geborene Christian Loose ist seit 2015 wirtschaftspolitischer Sprecher der NRW-AfD. Seit Juni 2017 ist er Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag. Der gelernte Bank- und Diplomkaufmann arbeitete acht Jahre bei einem großen Energieunternehmen und führte dort wirtschaftliche Analysen für Großprojekte ab einer Million Euro durch. Eines seiner politischen Ziele ist es, die Steuergeldverschwendung der Politiker zu bekämpfen, wofür er auch einen entsprechenden Straftatbestand fordert. Sein Lieblingszitat stammt von der ehemaligen britischen Premierministerin Margret Thatcher: „The problem with socialism is that you eventually run out of other people’s money." Übersetzt: „Das Problem mit dem Sozialismus ist, dass dir am Ende das Geld anderer Leute ausgehen wird."