Letzte Woche forderten SPD und Grüne, das Land solle den Kommunen im Ruhrgebiet die Schulden abnehmen. Das wird deren Hauptprobleme aber nicht lösen. Denn Filz und Kirchturmdenken haben zu den katastrophalen Zuständen im Ruhrgebiet geführt. Eine Kolumne von Christian Loose.

Christian Loose
Die Schuldenlast der Städte sei erdrückend, heißt es immer wieder. Und es ist richtig, dass viele Städte im Ruhrgebiet einen riesigen Schuldenberg vor sich herschieben, der jeden Tag größer wird. Die Lösung dieses Problems ist aus Sicht von SPD und Grünen ein als Altschuldenfonds bezeichneter Schuldenerlass für „klamme“ Städte. Dabei sollen Land und Bund diese Schulden übernehmen.
Allerdings missachten beide Parteien zwei wesentliche Aspekte: Der erste Punkt ist, dass die Steuerzahler am Ende ohnehin zahlen, egal, ob die Schulden bei der Kommune oder beim Land oder beim Bund landen. Diese Art zu denken kennen wir leider immer wieder von den Politikern der etablierten Parteien – SPD, CDU, Grüne und FDP.
Am Ende zahlt immer der Bürger
So wird auch häufig bei Ausgaben argumentiert, dass nicht die Stadt, sondern die EU oder der Bund oder das Land die Kosten trage. In allen Fällen wird so getan, als ob es einen unendlich großen See aus Geld gäbe, aus dem man immer mehr schöpfen kann. Tatsächlich aber ist das Geld knapp. Wenn es für Asylbewerber ausgegeben wird, bleiben etwa die Schulen auf der Strecke. Wenn es für griechische Banken ausgeben wird, fehlen die Gelder etwa für den deutschen Rentner.
Kein gutes Geld dem schlechtem hinterherwerfen
Der zweite, aber noch gewichtigere Punkt ist, dass man jemanden, der mit Geld nicht umgehen kann, auf keinen Fall immer mehr davon geben darf. In Bankenkreisen wird stets geraten: „Kein gutes Geld dem schlechtem hinterherwerfen.“ Wer es also in der Vergangenheit nicht geschafft hat, seine Kredite zu bedienen, sollte auf keinen Fall weitere bekommen. Auch einem Süchtigen sollte man nicht immer wieder Geld geben, um neuen Stoff zu kaufen. So kann der Süchtige niemals geheilt werden. Aber es ist häufig der einfachere Weg: Man kann kurz durchatmen. Langfristig aber erstickt man an den Folgen.
Nur ein hartnäckiges „Nein“ kann den Weg zu einer schmerzhaften, aber wirkungsvollen Therapie ebnen. Was das Heroin für den Süchtigen ist, sind Macht und Ansehen für Bürgermeister und Stadträte. Jeder möchte sich ein Denkmal bauen oder Freunden zu einem guten Geschäft verhelfen. Denn die Freunde haben ja immer beim Wahlkampf unterstützt und haben nun Erwartungen.
Leuchtturmdenken und Filz
Das Leuchtturmdenken und der Filz haben zahlreiche Ruhrgebietsstädte in den Ruin getrieben. So dachten einige Stadtvertreter, etwa in Essen und Bochum, schlauer als der Markt zu sein, und spekulierten mit hochriskanten Fremdwährungsgeschäften. Oder sie zockten, wie in Bochum und Hagen, mit Zinswettgeschäften. In anderen Bereichen wollte man auch mal ein großes Unternehmen kaufen, um den großen Manager zu spielen. So kauften zahlreiche hochverschuldete Städte am Rhein und Ruhr, darunter auch Duisburg und Oberhausen, gemeinsam den Energiekonzern Steag zu einem exorbitant hohen Preis. In Fachkreisen wurde bereits zum Zeitpunkt des Kaufes hinter vorgehaltener Hand geraunt, dass da einige hundert Millionen Euro zu viel gezahlt wurden. Nachdem Steag einige Jahre Dividenden ausschüttete, die den Gewinn deutlich überstiegen, bleiben diese inzwischen nahezu aus. Hinzu kommt, dass der Konzern nunmehr frisches Geld braucht. Die daran beteiligten Städte haben bereits begonnen, Teile des Kaufpreises abzuschreiben.
Nach ein paar Jahren kommen nun auch die Geschäfte mit den Freunden der Stadträte ans Licht. Da diese Geschäfte zumeist im nichtöffentlichen Teil der Stadtratssitzungen beschlossen werden und die Stadträte zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, dauert es dazu aber immer einige Zeit.
In Bochum etwa wurden Geschäfte zur Betreuung von Asylbewerberunterkünften ohne Ausschreibung direkt an die Arbeiterwohlfahrt (AWO) vergeben. Der Geschäftsführer der AWO in Bochum ist selbst Ratsmitglied, der entsprechende Vorstandsvorsitzende ist der SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel. Die Konditionen sind für die AWO extrem auskömmlich – um es milde zu sagen. Aufgrund dieser Freundschaftspreise bei der Betreuung und Unterbringung hat Bochum nunmehr extrem hohe Gesamtkosten für Asylbewerber – und blieb in den letzten Jahren auf 88 Millionen Euro davon sitzen. Auch andere Städte haben ähnliche Freundschaftsverträge: So verdient sich die CDU-Politikerin Andrea Horitzky in Köln eine goldene Nase bei der Unterbringung von Asylbewerber. Für 31 Asylbewerber kassiert sie offenbar 32.500 Euro im Monat. In den letzten Tagen wurde über einen weiteren Fall aus Köln berichtet, bei dem die Familie des CDU-Mitglieds Efkan Kara ein ähnlich luxuriöses Geschäft abgeschlossen haben soll.
Schuldenerlass würde Fehlverhalten nachträglich legitimieren
Dass gerade die SPD nach einem Schuldenerlass ruft, sollte nicht verwundern. Denn in den meisten klammen Kommunen regieren die Genossen. Und die haben in den letzten Jahren immer wieder von den Freundschaftsgeschäften zwischen Städten und SPD-nahen Vereinen profitiert. Doch jetzt wachsen den Städten die Lasten langsam über den Kopf und es wird nach dem Retter von außen gerufen. Aber wenn man diesem Ruf nachgibt, würde das die verfilzten Geschäfte sowie die Misswirtschaft im Nachhinein legitimieren. Gerade wenn Sozialisten nach immer mehr Geld rufen, muss man hart bleiben. Nur so sind am Ende harte, aber notwendige Reformen möglich.
Die Kolumnen bei NRW.direkt geben die Meinung des jeweiligen Autors wieder. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um die Meinung unserer Redaktion handeln.