Politik

Wieder Täuschung bei Salafismus-Anhörung

Düsseldorf. Bei einer Anhörung am 17. Januar im Landtag zum Thema Salafismus äußerten sich ausschließlich Sachverständige, die auch für das Präventions-Programm „Wegweiser“ tätig sind. Ausschussmitgliedern und Öffentlichkeit wurden sie jedoch in anderen Funktionen vorgestellt. Das war bereits die zweite Täuschung dieser Art in der laufenden Legislaturperiode.

Landtag in Düsseldorf (Bild: NRW.direkt)

Am 17. Januar fand im Landtag eine gemeinsame Sachverständigen-Anhörung von Innen- und Integrationsausschuss statt. Die Anhörung trug den Titel „Prävention und Repression – Für eine stimmige Gesamtstrategie gegen Salafismus in Nordrhein-Westfalen“. Bei der Anhörung ging es auch um das Salafismus-Präventionsprogramm „Wegweiser“.

Kosten und Nutzen dieses Programmes sind unter Experten bis heute umstritten. Dennoch kündigte Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) erst vor einer Woche an, die Mittel dafür von derzeit rund fünfeinhalb Millionen Euro im Jahr um mehr als ein Drittel aufstocken zu wollen. Die endgültige Entscheidung darüber wird jedoch vom Landtag getroffen.

Begutachtete sich „Wegweiser“ selbst?

Als Sachverständige geladen waren Marwan Abou-Taam vom Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz, Michael Kiefer sowie Kenan Kücük. Abou-Taam, der als kritisch und realistisch gilt, erschien jedoch nicht. Damit trugen nur noch Kiefer und Kücük ihre Sicht der Dinge vor. Vorgestellt wurde Kiefer den Ausschussmitgliedern als Mitarbeiter des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück, Kücük als Geschäftsführer des Multikulturellen Forum e.V. in Lünen. Beide lobten das „Wegweiser“-Programm.

Was Ausschussmitgliedern und Öffentlichkeit aber verheimlicht wurde: Kenan Kücük hatte bereits an einer ähnlichen Anhörung zum Thema Salafismus am 12. Januar 2018 teilgenommen. Auch damals wurde er als Geschäftsführer des Multikulturellen Forums in Lünen vorgestellt. Kurz vor Ende der damaligen Anhörung verplapperte er sich jedoch und offenbarte damit, dass er auch für das „Wegweiser“-Programm in Dortmund tätig sei.

Auch Michael Kiefer ist für das „Wegweiser“-Programm tätig: Dies belegt ein unserer Redaktion vorliegender Auszug aus dem Vereinsregister zu „Wegweiser Düsseldorf“ vom letzten Mittwoch. Darin ist er als Zweiter Vorsitzender des Vereins genannt. Damit waren die beiden einzigen Sachverständigen, die in der Anhörung am 17. Januar von den Ausschussmitgliedern befragt wurden, Mitarbeiter des „Wegweiser“-Programmes – ohne dass dies den Ausschussmitgliedern oder der Öffentlichkeit mitgeteilt wurde.

Bereits die zweite Täuschung dieser Art

Dies war bereits die zweite Täuschung dieser Art, denn bei der Anhörung am 12. Januar 2018 war Kenan Kücük nicht der einzige Mitarbeiter von „Wegweiser“. Ebenfalls als Sachverständiger geladen war Sami Charchira. Auf der Verteilerliste des Landtages wurde er den Mitgliedern des Innenausschusses als Mitarbeiter des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück und damit als neutraler Experte vorgestellt. Tatsächlich aber dürfte auch Charchira kaum neutral gewesen sein: In einem Auszug des Vereinsregisters des Amtsgerichts Düsseldorf wurde er bereits damals als Kassierer von „Wegweiser“ in Düsseldorf aufgeführt.

Unsere Redaktion hat den Landtag am vergangenen Donnerstag mit den entsprechenden Belegen dieser Täuschungen von Ausschussmitgliedern und Öffentlichkeit konfrontiert. Die Antwort des Landtages, die am Freitag bei uns einging, bestand jedoch lediglich aus allgemeinen und Journalisten längst bekannten Erläuterungen zu Sachverständigen-Anhörungen. Dies wurde von uns so interpretiert, dass sich der Landtag zu einer wiederholten Verdeckung des Interessenkonflikts bei Sachverständigen-Anhörungen zum Salafismus nicht äußern wollte.

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